Kaum ein alkoholischer Brauvorgang ist so aufwendig und komplex wie die Sake-Herstellung.
Das Brauen des japanischen Nationalgetränks hat eine jahrhundertelange Tradition und spiegelt die hohe Kunst des japanischen Handwerks wider. Sake gilt in Japan sogar als „Getränk der Götter“ und wird auch häufig in wichtigen religiösen Zeremonien gereicht.
Ist Sake Wein?
Zwar kann man guten Sake und guten Wein von der kulturellen Bedeutung, dem Alkoholgehalt und dem aromatischen Reichtum innerhalb der japanischen und europäischen Kultur vergleichen.
Der Herstellungsprozess ist jedoch ein anderer: beim Keltern des Weins kommt der Saft aus den Trauben — bei Sake wird dem Reis die Flüssigkeit in Form von Wasser zugeführt. Der Qualität und Beschaffenheit des Wassers kommt also eine erhebliche Bedeutung zu.
Beim Wein enthalten die Trauben Zucker, so dass bei Zugabe von Hefe zu den gekelterten Trauben eine alkoholische Gärung stattfindet.
Andererseits enthalten Reis und Weizen zwar viel Stärke, aber keine Zucker, so dass die Stärke zunächst in Zucker gewandelt werden muss, damit ein Brauprozess beginnen kann.
Der Brauvorgang von japanischem Sake erinnert deshalb eher an die Herstellung von Bier als von Wein.
Das Besondere an der Sake-Herstellung ist also ein zweifacher Gärprozess, der parallel stattfindet. Dabei wird Stärke in Zucker umgewandelt, während Hefebakterien diesen wiederum in Alkohol umwandeln.
Aus welchen Zutaten wird Sake hergestellt?
Sake gilt in Japan seit alters her als „Getränk der Götter“ im Shintoismus, sozusagen der japanischen Ur-Religion, in der Reinheit eine große Rolle spielt. Aufgrund des Brauprozesses gilt Sake also als sehr rein und daher werden für das Brauen von Sake auch nur sehr wenige Zutaten verwendet – eigentlich gibt es nur zwei sichtbare und fühlbare Zutaten und dann noch eine unsichtbare…
Grundlage für guten Sake: (japanisches) Wasser
Die meisten Sake-Brauereien befinden sich deshalb in der Nähe natürlicher Wasserquellen. Das weiche Quellwasser ist für die Sake-Herstellung besonders geeignet. Es wird bei jedem Schritt des Brauens verwendet: zuerst zum Reiswaschen, dann zum Dämpfen und schließlich, um den Alkoholgehalt zu regulieren.
Die nähere Beschäftigung mit den verschiedenen Sake-Sorten und unterschiedlicher Regionen und Brauereien in Japan ist daher auch gleichzeitig eine Reise durch das Inselreich und seine Wasserquellen. Kleiner Ausblick: japanisches Wasser ist erheblich weicher als das, was wir in Europa kennen…
Besonderer Reis für die Sake-Herstellung
Der Zugang zu gutem Wasser ist für die Lage der Sake-Brauereien sehr wichtig. Wasser wird nicht nur in allen Stadien des Sakebrauens verwendet, sondern macht auch einen großen Teil des fertigen Sake aus. Deshalb kommt der Geschmack der verwendeten Reissorte letztlich weniger zum Tragen, als beim Wein der Geschmack der Traube.
Trotzdem benötigt man natürlich Reis mit ganz besonderen Eigenschaften, um einen guten Sake daraus zu brauen.
Die mysteriösen Zutaten für Sake: Kōji und Hefe
Genauso wichtig, wie die Wahl der richtigen Reissorte und eines guten Quellwassers ist die Herstellung des speziellen Kōji (gezüchteter Edelschimmel) für einen guten Sake.
Diese aus fermentiertem Reis gezüchtete Edelschimmel-Kultur (japanisch: „Kōji“) sorgt für die Enzyme und so letztlich für den Fermentierungsprozess des Brauvorgangs.
Der Kōji-Pilz ist eine Basiszutat in vielen Bereichen der japanischen Küche. Er spielt bei der Herstellung etlicher Lebensmittel des Inselstaates eine unverzichtbare Rolle, wird unter anderem für Soja-Saucen und für Miso-Pasten verwendet.
Lebensmittel durch Fermentieren haltbar und auch gesundheitsfördernd zu machen, hat in Japan eine jahrhundertelange Tradition. Dafür gibt es unterschiedliche Kōji-Kulturen, die nach ihrer Farbe benannt werden. Für den Sake wird in der Regel der gelbe Kōji-Pilz verwendet.
Die Herstellung des Kōji und sein Einsatz beim Brauvorgang benötigen Fingerspitzengefühl und langjährige Erfahrung, damit der zweistufige Fermentationsvorgang perfekt verläuft und sich das gewünschte Aroma entwickeln kann. Die wasserlösliche Stärke muss zuerst in löslichen Zucker umgewandelt werden. In einem zweiten Schritt wird dieser dann durch Hefe (Kōbo) zu Alkohol vergoren.
Von wilden Hefen zu exklusiven Züchtungen für die Sake-Herstellung
Früher verließen sich die Sake-Brauer auf die natürlich in der Umgebung vorkommenden „wilden Hefen“.
Am Ende des 19. Jahrhunderts begann man damit, gezielt besonders geeignete Hefekulturen zu sammeln. Seit 1906 kultiviert die Nihon-Jozo-Kyokai (日本醸造協会, japanische Vereinigung der Sake-Brauer) Stammhefen, die von den Brauereien gekauft werden können. Diese Hefen wurden und werden einfach in der Reihenfolge ihrer Entdeckung durchnummeriert.
Der Geschmack des Sake und sein ganz besonderes Aroma wird durch die Stammhefen entscheidend beeinflusst. Kenner können die verwendeten Hefen herausschmecken. Einige Brauereien verwenden exklusive eigene Züchtungen und vermerken diese auch auf dem rückseitigen Etikett der Flaschen.
Wie wird Sake gebraut?
Sake ist in zwei Bereichen der Herstellung alkoholischer Getränke außergewöhnlich: in der Parallelgärung und im Alkoholgehalt.
Zum einen finden die beiden notwendigen Gärprozesse beim Sake-Brauen in einem Tank ohne zeitliche Unterbrechung statt (Parallelgärung):
Der Kōji-Pilz baut die Stärke in Zucker um – und zur gleichen Zeit verwandeln Hefebakterien Zucker zu Alkohol (plus Kohlendioxid). Das unterscheidet den Sake-Brauvorgang von dem des Bieres. Beim Brauen von Bier ist die Umwandlung von Stärke zu Zucker nach dem Maischen vollständig abgeschlossen, bevor die Fermentation beginnt.
Zum Zweiten gibt es kein anderes vergorenes Getränk weltweit, dass so einen hohen Alkoholgehalt (20%) nach der Produktion hat wie Sake.
Herstellung von Sake ist aufwändige Handarbeit
Das Sake-Brauen ist ein sehr vielschichtiger und langwieriger Prozess.
Die lebendigen Bestandteile Kōji und Kōbo brauchen Erfahrung und Aufmerksamkeit.
Etwas zu viel oder nicht genügend Wärme, ein wenig zu lang gezögert oder nicht schnell genug wieder gekühlt – schon kann das gewünschte Ergebnis sich nicht einstellen. Daher wird übrigens traditionell gerne im Winter gebraut, um die natürliche Kälte der Jahreszeit zu nutzen.
Der Braumeister wird als „Tōji“ bezeichnet und genießt, ähnlich wie andere, erfahrene Handwerker in Japan großes Ansehen. Mit seinem Wissen und seinem geschulten Geschmack beeinflusst und verändert er den Fermentationsprozess, um ein einzigartiges Endprodukt herzustellen.
Wie ein guter Sushi-Koch verfeinert auch ein guter Tōji über viele Jahre seine Kunst. Europäer und Amerikaner bringen diese Ausdauer nur selten auf. Daher gibt es kaum Sake-Produktionen ausserhalb Japans, auch wenn Sake auch hier sehr gern getrunken wird.
Allerdings gibt es in jüngster Zeit in Europa und Amerika vereinzelt auch ambitionierte Versuche, ausserhalb Japans guten Sake zu brauen.
Wie der Brauprozess genau abläuft erfahren Sie in einer detaillierten Beschreibung der einzelnen Schritte der Sake-Herstellung.