Eine traurige Nachricht erreichte uns überraschend Anfang März 2022:
„Toshi“, das Restaurant von unserem Kollegen & Konkurrenten Toshio Kobatake in der Wurzererstr.18 in München, schließt Mitte März 2022.
Der letzte Abend im Toshi war sehr unvermittelt der 12. März 2022.
Sobald es etwas Neues von Toshi gibt, erfahren Sie es in diesem Artikel. Zunächst hier ein kleiner Einblick, was der Betrieb für die japanische Küche in München bedeutet hat und welche Alternativen zum Toshi in München wir empfehlen können.
Update November 2022: inzwischen hat Toshi ein neues, kleines Izakaya eröffnet – erste Eindrücke dazu im Artikel über JapaTapa Toshibar.
Rückblick auf eine eine Institution in München
Toshi war viele Jahre eine Institution in München. Irgendwann gestartet als „Tokami & Lechthaler L-Bar“ wurde der Betrieb Anfang der 2000er Jahre offenbar für ein erhebliches Sümmchen von dem damaligen Inhaber Rainer Kucklick (der uns anderer Stelle noch ausführlich beschäftigen wird) an Toshio Kobatake verkauft.
Toshio Kobatake, genannt Toshi, war wie viele andere japanische Köche aus Deutschland einer der früheren Köche aus der Daitokai-Gruppe, die frühen Teppanyaki-Restaurants, die von Kikkoman/JFC in Deutschland und der ganzen Welt eröffnet wurden.
Daitokai ist in Deutschland inzwischen leider Geschichte – in Toshi´s Restaurant in der Wurzererstraße, einer Seitenstraße der Münchner Maximilianstraße, lebte Teppanyaki in München noch einige Jahre fort.
Japanischer Geschmack statt Schicki-Micki-Kreationen
Auch wir haben Toshi immer wieder gerne besucht, um die Vielfalt der japanischen Küche zu erleben, wie es in München selten möglich ist.
Denn leider sind in München viele nobel ausgestattete und scheinbar moderne japanische Restaurants oder Sushi-Restaurants der mittleren bis höheren Preisklasse (zumindest aus unserer Sicht) reine Augenwischerei.
Und nebenbei gesagt vermischen viele dieser Restaurant aus gutem Grund Sushi mit anderen asiatischen Küchen und eben nicht der japanischen Küche.
„Aufregende“ Aromenkombinationen, moderne Sharing-Konzepte täuschen darüber hinweg, dass oftmals die Köche keinen wirklichen Sinn für den echten japanischen Geschmack haben. Darauf fallen leider gerade in München viele Menschen herein. Stars und Sternchen pilgern in Restaurants, die wenig Ahnung von Sushi & Sashimi haben und durch vermeintlich moderne Interpretationen von Sushi scheinbar etwas Neues präsentieren. Oft gehts bei diesen Restaurant aber eigentlich um eine Vereinfachung der komplizierten japanischen Handarbeit und um vordergründige Effekte durch prägnante Saucenkombinationen etc. So bemerkt der normale Gast gar nicht, dass der Reis nicht richtig gewürzt oder der Fisch nicht auf japanische Art geschnitten wurde. Für Kenner und wahre Liebhaber der japanischen Küche bedeutet es, dass die Zahl der echten japanischen Restaurants, in die auch wir privat gerne und immer wieder gegangen sind, in München immer weniger wurden.
Denn chic aufgemachte Restaurants, in denen der Reis nicht einmal halbwegs richtig gewürzt ist und der Fisch nicht mit der richtigen Technik geschnitten ist (der Geschmack kommt in der japanischen Küche oft vom Schneiden), haben nichts mit japanische Esskultur zu tun!
Darüber dann können auch scharfe oder vordergründige Aromen (häufig bei Nikkei-Konzepten zu finden) nicht hinwegtäuschen und die typische japanische Qualität bleibt auf der Strecke.
Die Vielfalt der japanischen Küche probieren
Das „Toshi“ war dagegen schon fast eine Bastion des japanischen Geschmacks. Hier gab es Menüs, die sich gelohnt haben und die Vielfalt japanischer Küche auch abseits von Sushi vorgestellt haben. Und gleichzeitig bot Toshi eine umfangreiche à la Carte-Speisekarte an, auf der sich immer auch besondere Zutaten wie Wagyu oder Iberico-Schwein fanden — Letzteres quasi ein Markenzeichen von Toshi.
Kenntnisreich hat Toshi einen Streifzug durch die japanische Küche angeboten, durch die typisch japanisch geschickt ausgewählte Gangfolge hielt sich die Wartezeit in Grenzen (ein Thema, das die deutschen Kunden oft nicht verstehen, nämlich dass und warum Sushi seine Zeit braucht).
Volles Haus mit Sushi & Teppanyaki
In früheren Zeiten hatte Toshi mit seinem Team in den beiden Räumlichkeiten nördlich und südlich des zentralen Eingangs zuweilen bis zu 90 Gäste zu bedienen.
Wer Teppanyaki bestellt hatte, konnte sich zur Zubereitung vor die heiße Platte im nördlichen Restaurantteil setzen, zusehen und zum Speisen dann wieder an seinen Tisch.
Und im südlichen Restaurantteil waren dann unterschiedliche Sitzarrangements wie Hochtisch, Gruppentisch, Theke, gemütliche Sessel vor dem Fenster verteilt. Hinter der Theke arbeiteten neben jüngeren Köchen und Toshi auch immer wieder alte Bekannte der Münchner Sushi-Szene wie beispielsweise der Musiker und passionierte Sänger Masami Saito.
Toshi vielfach ausgezeichnet und gewürdigt
Wer in den Keller ging, der kam an Weinschränken mit umfassender Auswahl vorbei, auf der Treppe nach unten wurde schönes Geschirr von dem japanischen Keramikstudio Kanta angeboten und unten fanden sich Wände voll mit Auszeichnungen für Toshi.
Manche davon fragwürdig, viele aber durchaus beeindruckend: Offenbar wurde Toshi jahrelang immer wieder im Guide Michelin und im Gault-Millau erwähnt und auch im GUSTO hatte er über Jahre hinweg eine stabile Anzahl von Pfannen.
Sogar als Japanese Cuisine Goodwill Ambassador wurde Toshi im Jahr 2019 ausgezeichnet – eine Ehre, die weltweit ausserhalb Japans nur etwa 100 Menschen zuteil wurde.
Auch der Tōkyō-Kenner Axel Schwab hat das Toshi sehr geschätzt, in der Süddeutschen Zeitung sogar als das unterm Strich mit Abstand beste japanische Restaurant in München bezeichnet. Dieser Einschätzung würden wir grundsätzlich zustimmen – das Toshi war zuletzt das einzige Restaurant, welches wir guten Gewissens unseren Gästen im Restaurant sansaro noch regelmässig empfehlen konnten. (Und wir kennen natürlich alle japanischen Restaurants in München recht gut…)
Sicher gab es manchesmal auch Gäste, die mit einzelnen Details im Toshi gehadert haben – so wie das in jedem Restaurant ist. In den letzten Jahren wirkte der Raum etwas in die Jahre gekommen, die Atmosphäre zuweilen schwermütig und manche Sushirolle war vielleicht nicht mit ultimativer Leidenschaft fürs Detail konzipiert oder ausgeführt.
Diese kleineren Mängel waren jedoch zu verschmerzen, denn insgesamt bot Toshi (aus unserer Sicht) eines der besten Sushi in München an, über einen langen Zeitraum, gepaart mit einer tollen Auswahl aus der vielfältigen japanischen Küche.
Das kann nicht jeder, langfristig in München eine authentisch japanische Qualität bieten, das ist eine Lebensleistung für sich.
Denn das Münchner Publikum läuft gerne schillernden Trends nach und schnell merken deutsche Gastronomen, dass Ambiente, unterwürfiger Service (der nicht den japanischen Küchenabläufen und vor allem nicht dem japanischen Verständnis von herzlicher Gastfreundschaft entspricht) bei vielen Gästen mehr zählen, als konstante japanische Qualität.
Liebhaber feiner (japanischer) Küche können also wirklich froh und dankbar sein für jedes Restaurant, welches die aufwändig herzustellende, authentische japanische Qualität in München noch zeigt!
Wir wünschen uns an der Stelle, dass die Münchner in Zukunft mehr Sinn für den tatsächlichen japanischen Geschmack bekommen, mehr Wertschätzung für authentisch japanische Restaurants entwickeln und nicht immer ins nächste vermeintliche Nobel-Restaurant mit einer auf effiziente Herstellung getrimmte Küche pilgern.
Ableger Japatapa Noodle-Bar
Zeitweise gab es sogar einen kleinen Ableger „Toshi Japatapa Noodle Bar“, der sich eine Querstraße weiter versucht hatte als eine Art Nobel-Izakaya.
Wir waren damals zur Eröffnung dabei und begeistert, aber nach ein paar Jahren musste dieses Experiment leider aufgegeben werden. Ein richtig gutes Izakaya gibt es leider, Stand heute (2020/2022), in München nicht, wenn man von der sehr einfachen, aber durchaus sympathischen J-Bar in der Maistrasse absieht. (Update: Stand Ende 2023 ist die J-Bar wieder ein absoluter Geheimtipp!)
Warum hat das Toshi München geschlossen?
In den letzten Jahren wurde es allerdings stiller um Toshi, verschiedene Gerüchte ranken sich darum, was genau passiert sei. Mal war die Rede von Problemen mit deutschen Behörden, manche vermuteten, dass die oben geschilderte „Ambiente-Blender-Konkurrenz“ Toshi das Geschäft abgejagt hat.
Immerhin haben seit der Existenz des Toshi schrittweise um ihn herum das Matsuhisa (die Nobel-Systemgastro-Kette von Nobu) im Mandarin Oriental, das Anoki (später Azuki, vorübergehend mit der hervorragenden Köchin Haruo Kato, die lange Jahre im früheren Tenno war (die jetzigen Teno und Tenno in München haben damit gar nichts zu tun)) und das Koi (mit Robata und zeitweise dem genialen Sushi-Meister Yūri Yagawa) eröffnet.
All diese neueren, visuell beeindruckenderen und größeren Betriebe haben Toshi vermutlich Kunden abgenommen. Und sicher ist aus unserer Erfahrung heraus, dass die Münchner oft Ambiente mit Qualität verwechseln.
Einen weiteren Stoß hat dann die Corona-Krise und – unserer Erfahrung nach – die bayerische Sperrstunde 22h gegeben. In den letzten zwei Jahren haben wir von manchen Kollegen gehört, die aufgeben mussten, die kein gutes Material mehr einkaufen konnten. Gerade ein Restaurant wie Toshi ist und war auch auf Touristen angewiesen und auf Gäste, die Zeit für ein Menü ab 20 Uhr haben. Beides wurde durch Corona-Krise, unsinnige Regelungen und jetzt auch noch die Ukraine-Krise erschwert.
So oder so verliert die Münchner Sushi-Szene eine kleine Institution nach zwanzig Jahren – wir sind sehr traurig darüber.
Zukunft für Toshi: hoffentlich in München!
Toshi selber wirkt gar nicht so traurig, wenn man mit ihm spricht.
Er weiß, dass er in irgendeiner Form bis an sein Lebensende arbeiten muss und hat damit seinen Frieden gemacht.
Aber wenn, dann in einem kleinen Betrieb, mit nur wenigen Mitarbeitern, denn die Margen in der Gastronomie sind sehr, sehr dünn und das Risiko immer hoch.
Toshi schaut trotzdem optimistisch in die Zukunft und wenn er das tut, können wir als seine Kunden und Fans seiner Küche das auch. Sobald irgendwo ein Restaurant aufmacht, das unter seiner Führung oder Mitwirkung steht, werden wir dort sein, gratulieren und probieren — und Euch natürlich hier informieren.
Gute Japanische Küche in München – das liegt uns am Herzen und darüber berichten wir immer gerne.
Alternativen in München zum Restaurant Toshi
Alternativen zum Toshi gibt es leider kaum welche in München, zumindest auf dem Qualitätslevel. Ein paar Hinweise finden Sie aber in unserem Guide Sushi in München.
Für Sushi empfehlen wir natürlich unser Restaurant sansaro in der Amalienpassage, wo wir Wert auf höchste Qualität legen und sogar möglichst viel Bio einkaufen und uns jeden Tag erneut um jeden Gast und jede einzelne Speise bemühen. Dort gibt es auch ab und an an besonderen Tagen Kaiseki-Events, die jedoch immer schnell ausgebucht sind. Am besten tragen Sie sich in unseren Newsletter ein, um immer dann informiert zu werden, wenn ein besonderes kulinarisches Event buchbar ist.
Stand 2023/2024 können wir für gute japanische Küche auch die J-Bar und das Haguruma empfehlen, wenn auch das Ambiente dort viel einfacher ist und die Küche ebenfalls natürlich viel weniger filigran als bei uns oder bei Toshi.
Und wie versprochen: sobald es eine neue Location gibt, wo Toshio Kobatake arbeitet, schreiben wir es hier.
Haben Sie einen anderen Tipp oder Empfehlung? Wir freuen uns von Ihnen zu hören und sind immer gespannt auf gute japanische Küche in München.
Update: Toshi arbeitet an einer neuen Location in München-Schwabing. Noch sieht alles ein wenig nach Baustelle aus, es ist noch viel zu tun, aber wir können es kaum erwarten, wieder ein Stückchen mehr echter japanischer Küche in München zu haben! Wir berichten!
Update 2: Toshio Kobatake hat am 11.10.2022 die „JapaTapa Toshibar“ eröffnet!