Glutenfreiheit & Vegetarismus in der japanischen Küche | SUSHIYA sansaro

Glutenfreiheit & Vegetarismus in der japanischen Küche

Inhaltsverzeichnis

Waren Sie schon einmal in einem japanischen Restaurant und haben sich gefragt, was Sie essen sollen, wenn Sie Vegetarier oder Veganer sind?

Viele Speisekarten in echt japanischen Restaurants scheinen gerade nicht vegetarier- oder veganerfreundlich…

Denn schon allein Dashi, der allgegenwärtige Suppenfond der japanischen Küche, ist in der Regel eine Kombination aus Konbu (Seetang) und Katsuobushi (getrockneten Bonitoflocken). Also ist schon der typisch japanischen Miso-Suppe, die oft für vegetarisch gehalten wird, das Leben eines Fisches in die Wiege gelegt…

Vegetarismus in Japan seltener als in Deutschland

Laut einer Umfrage aus dem Januar 2023  liegt der Anteil der Vegetarier und Veganer in Japan bei 5,9 % der Bevölkerung.

Deutschland hingegen rangiert nach Indien (28 %) und Taiwan (14 %) international sogar schon an dritter Stelle, wobei etwa 10 % der Bevölkerung Vegetarier sind.

In Indien gibt es viele Anhänger des Hinduismus, in Taiwan viele Anhänger des taiwanesischen Buddhismus und Taoismus, und in diesen beiden Ländern gelten Religion und Vegetarismus als eng miteinander verbunden. In Deutschland hingegen sind Gesundheitsbewusstsein, Tierschutz und das Bewusstsein für Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung einflussreiche Faktoren.

Fleisch früher in Japan über lange Zeit verboten - offiziell...

Weniger bekannt ist, dass  es in Japan über 1.200 Jahre hinweg offiziell verboten war, Fleisch zu essen.

Die alten Japaner kannten die Begriffe Kagere/穢れ (Verunreinigung), Kiyome /清め und Misogi (禊, beide Wörter bedeuten „Reinigung“). Es herrschte die Auffassung, dass der Verzehr von Tieren unrein war. 

Sie aßen teilweise zwar Ente und anderes Geflügelfleisch sowie Wildschwein, verzichteten aber grundsätzlich auf den Verzehr von Tierfleisch und ernährten sich weiterhin vegetarisch auf der Grundlage von Gemüse und Getreide.

Keine Viehzucht für den Verzehr im alten Japan

In einem Buch aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. wurde die japanische Ernährung zu jener Zeit beschrieben: „warmes Wetter, Verzehr von rohem Gemüse auch im Winter“ und „ins Wasser tauchen, um Muscheln und Fische zu fangen“. 

Aus dieser Zeit gibt es keine Beschreibungen von Tieren wie Kühen, Pferden oder Schafen, Mit anderen Worten: Die alten Japaner ernährten sich von Getreide und Reis als Grundnahrungsmittel, dazu viel frisches Gemüse und Fisch und Meeresfrüchte, aber kein Fleisch, also pesco-vegetarisch, was unter die Kategorie der Vegetarier fällt.

Zur gleichen Zeit gab es viele asiatische Länder, die Viehzucht betrieben und in denen Fleisch gegessen wurde. In China zum Beispiel wurden Schweine und Schafe für den Fleischverzehr gezüchtet und gegessen.

Buddhistisch beeinflusste Wertschätzung des Lebens

Als in Japan während der Asuka-Periode (710-794) der Buddhismus  eingeführt wurde, verbreitete sich die Vorstellung, dass „Fleischessen böse ist“, aufgrund der buddhistischen Lehren, die das Töten von Tieren verbieten. Im Jahr 675 erließ Kaiser Temmu /天武天皇 ein Dekret, das Fleisch und Fleischessen verbot. Dieser Erlass verbot den Verzehr von Kühen, Pferden, Affen und Hühnern. Das Verbot wurde erst nach der Meiji-Restauration, etwa 1.200 Jahre später, aufgehoben.

Viele Adlige nahmen Zuflucht zum Buddhismus und verzichteten deshalb auf den Verzehr von Fleisch. Als das Fleischverbot  später wieder aufgehoben wurde, wurde diese Veränderung kaum bekannt, denn die Mönche durften nicht in der Öffentlichkeit predigen. Die Ernährung des einfachen Volkes bestand weiter hauptsächlich aus Feldgemüse, Wildgemüse und braunem Reis.

Shōjin-ryōri, die zusammen mit dem Zen-Buddhismus aus China kam, brachte nicht nur die vegetarische Küche, sondern auch eine Vielzahl von Kochmethoden in die japanische Küche.

Vegetarische Küche im Einfluss des Zen-Buddhismus

In der Kamakura-Periode (1185-1333), als die Samurai anstelle der Adligen an die Macht kamen, wurde das Verbot des Fleischessens vorübergehend aufgehoben.

Andererseits beeinflusste der aus China stammende Zen-Buddhismus die Entwicklung der „vegetarischen Küche“, in der keine tierischen Produkte verwendet wurden. In der Edo-Periode (1603-1867) wurde „Shōjin ryōri“ (精進料理) zunächst in den Tempeln zubereitet und gegessen, aber während der Edo-Periode (1603-1867) wurde es oft in Restaurants im Auftrag der Tempel oder für besondere Gäste zubereitet- meist für Künstler oder Literaten, die nicht  nach der buddhistischen Lehre lebten.

Erst in der Mitte der Edo-Periode, wurde das Verbot des Fleischessens wieder streng durchgesetzt. Sein „Shōrui Awaremi no Rei“ (生類憐みの令 Gesetz zur Verhinderung von Tierquälerei untersagte das Schlachten und den Verzehr von Tieren gänzlich.

Obwohl dieses Verbo nach Tsunayoshis Tod aufgehoben wurde, hatte es doch große Auswirkungen auf die Ernährungsgewohnheiten der breiten Öffentlichkeit. Viele Japaner ernährten sich bis zur Meiji-Zeit (1868-1912) hauptsächlich vegetarisch, bis der Einfluss der westlichen Zivilisation zur Entstehung einer Kultur des Rindfleischessens führte.

„Versteckter" Fleischverzehr

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Menschen der Edo-Zeit überhaupt kein Fleisch aßen. In einigen Restaurants wurde Wildschweinfleisch mit dem Namen „Yama Kujira“ (山鯨, Bergwal) oder „Botan“ (ぼたん, Pfingstrose ) und Rehfleisch „Momiji“ (もみじ, Ahornblatt) in einer „verdeckten Sprache“ serviert.

Obwohl also der Verzehr von Fleisch in der Edo-Zeit angeblich tabu war, benutzten die Menschen einfach Geheimwörter, um ihre Lieblingsfleischgerichte zu beschreiben.

Rinder und Pferde, die heute eine wichtige Fleischquelle darstellen, wurden in Japan bis zur Meiji-Zeit nicht verzehrt, da sie für die Landwirtschaft und die Kriegsführung unverzichtbar waren.

Es gibt eine weitere interessante Episode.

Omi-Rindfleisch- in Miso mariniertes Rindfleisch – aus der Präfektur Shiga soll die längste Geschichte in Japan haben.

Selbst während der Edo-Zeit (1603-1868), als Fleisch verboten war, verkaufte Hikone-Klan Rindfleisch namens „Henpongan“ (反本丸) als Heilmittel und schenkte es dem Shogunat in Edo. Es heißt auch, dass es wegen seines köstlichen Geschmacks ständig von Clans in verschiedenen Regionen nachgefragt wurde.

Noch ein Exkurs: Schweinefleisch in Japan

In Japan werden Wildschweine seit dem Paläolithikum gejagt und gegessen. Das Wildschwein wurde gezüchtet und zu einem Haustier, dem Schwein, domestiziert. Schweineknochen wurden an Stätten aus der Yayoi-Zeit gefunden, und man geht davon aus, dass die aus China eingeführten Schweine domestiziert wurden. Darüber hinaus gibt es in alten japanischen Büchern Beschreibungen von Schweinen, die in den Häusern von Einwanderern gezüchtet wurden.

Aufgrund des Verbots des Fleischverzehrs verschwand die Schweinezucht in Japan bis zur Heian-Periode (794-) jedoch fast vollständig.

Danach, bis zur Meiji-Zeit (1868-), scheint es, dass Gerichte mit Schweinefleisch nur in den heutigen Präfekturen Okinawa und Kagoshima gegessen wurden.

Im Jahr 1872, nach dem Ende des Edo-Shogunats und der Verwestlichung des Landes durch die Meiji-Regierung, wurde mit Hilfe ausländischer Experten die Schweinezucht in vollem Umfang eingeführt.

Heute ist Schweinefleisch ein unverzichtbarer Bestandteil der japanischen Küche, darunter Buta-jiru/豚汁 (Miso-Suppe mit Schweinefleisch), Buta-kakuni/豚角煮 und Buta-shabu-shabu /豚しゃぶしゃぶ.

Wildschweinfleisch, im Volksmund unter dem Tarnnamen "Botan" bekannt. Die Menschen in Edo waren dafür bekannt, dass sie das Fleisch von Wildschweinen in heißen Töpfen zubereiteten.

Fisch war immer wichtiger als Fleisch

Nach der Meiji-Restauration wurde das 1.200 Jahre alte Verbot des Fleischkonsums in Japan aufgehoben. Dennoch begann die breite Öffentlichkeit erst viel später, Fleisch in großen Mengen zu essen. Die meisten Menschen, vor allem diejenigen, die in Küstengebieten lebten, aßen kein Fleisch, weil sie Fisch als Eiweißquelle hatten.

Erst um 1960 begann sich der Fleischkonsum in Japan auf die breite Bevölkerung auszuweiten. Damals lag der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch bei etwa 3,5 kg. Im Jahr 2013 lag er bei 30 kg. In den letzten 50 Jahren ist Fleisch zu einem festen Bestandteil der japanischen Ernährung geworden.

Dies hat zu einer hohen Aufnahme von Fett und Energie geführt und den Nachteil mit sich gebracht, dass die Menschen viel weniger Gemüse essen. Zur gleichen Zeit haben auch in Japan Krankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes zugenommen und Frauen sind heute wegen des Brustkrebsrisikos besorgt.

Allmählich hört man öfter den Rat, dass die Japaner aus gesundheitlichen Gründen zu der seit der Antike gepflegten vegetarischen Ernährung auf Getreidebasis zurückkehren sollten. 

Auch im Restaurant sansaro werden mehrere vegetarierfreundliche Menüs angeboten, z.B. Gerichte, die ausschließlich mit Kombu Dashi (Seetangbrühe) oder ohne Fleisch-Produkte zubereitet werden.

Japanische Ernährung basiert traditionell auf viel Fisch und Meeresfrüchten

Japanische Küche und Gluten

Wie sieht es andererseits mit japanischen Lebensmitteln für diejenigen aus, die auf Gluten verzichten müssen, wie etwa Weizenallergiker oder Zöliakiekranke? Studien haben gezeigt, dass die Zahl der Menschen mit Glutenproblemen in Europa zwischen 1,3 und 15% der Gesamtbevölkerung liegt. In den Vereinigten Staaten sind es 3,7-8%. (Quelle)

In Japan liegt der Prozentsatz der Menschen mit Lebensmittelallergien bei 1-2% der Gesamtbevölkerung, davon 8% mit einer Weizenallergie, auch wenn sich die Umfrageergebnisse nicht speziell auf Gluten beziehen. (Quelle)

Gluten in der Sojasauce & Würzmitteln

Das erste große Problem ist die Sojasauce, ein wesentliches Würzmittel für japanische Speisen. Es gibt drei Hauptarten von Sojasauce: dunkle, helle und Tamari. Die meisten der beiden erstgenannten Sorten verwenden Gerste für den Fermentationsprozess. Gluten-empfindliche Menschen haben die Möglichkeit, Tamari-Sojasauce zu verwenden, während andere japanische Fischsauce verwenden (die drei wichtigsten japanischen Fischsaucen sind Shotsuru /しょっつる, Ishiru /いしる und Ikanago-Sojasauce /いかなご醤油).

Auch Miso, genannt Gerstenmiso (Mugi ~miso /麦味噌), und Getreideessig (Kokumotsu-su /穀物酢) werden manchmal in der japanischen Küche verwendet, daher ist auch hier Vorsicht geboten. Kewpie-Mayonnaise, die in den letzten Jahren in Übersee populär geworden ist, ist ebenfalls nicht glutenfrei, weil sie Getreideessig auf Malzbasis als Zutat verwendet.

Tomatenketchup, das zwar in der traditionellen japanischen Küche nur selten verwendet wird, wohl aber in der westlichen japanischen Küche, wird ebenfalls mit Getreideessig hergestellt, so dass auch hier Vorsicht geboten ist.

Wer eine wirklich starke Unverträglichkeit von Gluten hat, der wird mit der japanischen Küche nicht glücklich, denn die „normale“ Sojasauce enthält Gluten und wird an allen Ecken und Enden in der japanischen Küche zum marinieren, vorbereiten und Kochen verwendet. Eine konsequent glutenfreie Ernährung ist daher schwierig. Bei Sushi und Sashimi kann man sich allerdings mit glutenfreier Tamari behelfen.

Vorsicht mit den typischen und für die japanische Küche unverzichtbaren Sojasaucen und Misopasten, da sie manchmal mit Getreide fermentiert werden und/oder insgesamt eine stark mangelhafte Qualität aufweisen

Kaum glutenfreie Restaurants in Japan

Als Reaktion auf die in den letzten Jahren auch in Japan zunehmenden Lebensmittelallergien wurden in Japan verschiedene Produkte entwickelt, die Glutenunverträglichkeiten umschiffen sollen.

Die Zahl der Produkte, die auf glutenfreies Kochen spezialisiert sind, nimmt allmählich zu, und das Angebot für das Kochen zu Hause wird nach und nach erweitert.

Andererseits ist die Zahl der allergikerfreundlichen Restaurants in Japan noch sehr gering und die absolute Ausnahme.

So gibt es in Tōkyō etwa 190.000 Restaurants, aber nur etwa 180 davon sind glutenfrei, so dass es für Allergiker schwierig ist, zwanglos auswärts zu essen.

Auch für unser Restaurant sansaro ist es nicht leicht, immer eine besondere Auswahl an glutenfreie Speisen in der gewohnt authentisch hohen Qualität anzubieten, da schlichtweg japanische Gewürze und schmackhafte Rezepte dafür fehlen.

Glutenfreie Gerichte im Restaurant sansaro

Zu den glutenfreien Gerichten im Sansaro gehören beispielsweise Edamame, Tofu-Salat (sofern er nicht mit Dressingsauce gegessen wird!), Sushi und Sashimi ohne Mayonnaise (sofern sie nicht mit Sojasauce serviert werden, verwenden Sie stattdessen Tamari!).

Im Gegensatz zu Getreideessig enthält der in Sushi verwendete Reisessig kein Gluten.

Eiscreme und Matcha-Pudding sind ebenfalls glutenfrei.

Tempura und Crispy Ebi Tempura sind leicht zu erkennen, da sie einen auf Mehl basierenden Frittierteig haben, aber beachten Sie, dass Goma Ae und Tonteki jeweils Sojasauce in ihren Soßen enthalten.

Auch bei Sushi sind Ikura Gunkan und Ikura Maki nicht glutenfrei, da Ikura in Sojasauce mariniert wird.

Appendix: Weitere Quellen

Obayashi Quarterly, 

History of Japanese people, food, and agriculture https://www.obayashi.co.jp/kikan_obayashi/detail/kikan_59_harada_4.html

Nutritional Knowledge of Meat: „The Buddhist Ban on Meat“

http://kumamoto.lin.gr.jp/shokuniku/eiyochisiki/bukkyo/index.html

Vegeness https://vegeness.com/blog/46283/

Edi guide https://edo-g.com/blog/2016/02/nikushoku.html

Association for Promoting the Production and Distribution of “Omi Beef” 

https://oumiushi.com/about/history

 Komorebi Blog of Flour allergy https://nhkomorebi.com/seasoning/#i-4

Vegewel  https://vegewel.com/ja/restaurant/

Genuss auf japanisch teilen

SUSHIYA begeistert sich für die japanische Küche und Kultur. In unserem Restaurant sansaro können Sie der faszinierenden japanischen Küche begegnen oder sich nachhause liefern lassen. Auf unserer Homepage, Facebook und Instragram geben wir immer wieder Einblicke in News und interessante Themen.

Japancraft 21

Bei SUSHIYA in München sind wir fasziniert von der japanischen Küche und Kultur. Unsere Aufgabe ist es, das japanische Handwerk unserer Köche und die vielen Geschichten, die die japanische Küche bietet, für unsere Gäste kulinarisch zu übersetzen.

Aber natürlich beschränkt sich die Tiefe des japanischen Handwerks nicht nur auf die Küche – sie findet sich in allen Bereichen japanischen Lebens und Schaffens.

Der Erhalt der handwerklichen Fähigkeiten und des Wissens um die richtigen Techniken ist aber nicht mehr automatisch gegeben: immer mehr Wissen geht verloren. Und oft braucht es Menschen von aussen, um einen Unterschied zu machen. Steve Beimel, ursprünglich aus Amerika und heute in Kyōto lebend, hat sich dem Erhalt des japanischen Handwerks verschrieben und eine Organisation gegründet, die Unterstützung verdient.

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