Shōjin-Ryōri - die vegetarische japanische Tempelküche | SUSHIYA sansaro

Shōjin-Ryōri – die vegetarische japanische Tempelküche

Inhaltsverzeichnis

Einführung in Shōjin-Ryōri (精進料理)

Shōjin-Ryōri (精進料理) ist eine Form der japanischen Küche, die eng mit dem Buddhismus und insbesondere dem Zen (禅) verbunden ist. Oft wird Shōjin-Ryōri auch als vegetarische Tempelküche bezeichnet.

Shōjin-Ryōri ist ein wichtiger Teil des kulinarischen Erbes von Washoku: sie verbindet den Respekt vor allen Lebewesen mit ausgeklügelten Kochtechniken und einer Ästhetik, die auf Schlichtheit und Achtsamkeit gründet.

Im Kontext der vielen Facetten von Washoku – wie Honzen-Ryōri, Kaiseki-Ryōri oder Cha-Kaiseki – nimmt Shōjin-Ryōri eine besondere Rolle ein, da es den spirituellen Kern des Mahayana-Buddhismus widerspiegelt.

Der einzige Fall, wo japanische Küche klar vegetarisch ist

Historisch betrachtet ist Shōjin-Ryōri in Japan der wichtigste und bekannteste Küchenstil, der konsequent auf Fleisch und Fisch verzichtet. Es ist eng mit dem Zen-Buddhismus verknüpft und wurde zunächst nur in Tempeln praktiziert, später aber auch von der breiteren Gesellschaft übernommen.

Der Begriff „Shōjin“ (精進) bedeutet im buddhistischen Kontext „sich zu enthalten“ (beispielsweise von Fleisch) und gleichzeitig den Geist zu schulen, indem man sich bewusst und achtsam ernährt.

Allerdings ist Shōjin-Ryōri mehr als nur „vegetarisches Essen“. Die Basis dafür bildet das buddhistische Gebot, kein Leben zu töten (Sesshō, 殺生) und „Bonnō“ (Leidenschaften und Begierden, die den Geist quälen, 煩悩) nicht zu stimulieren.

Abgesehen von diesem traditionell buddhistisch geprägten Stil gilt die japanische Küche im Allgemeinen als omnivor – von Hausmannskost bis hin zu gehobenen Menüs (wie z. B. Kaiseki). Das heißt, sie basiert üblicherweise auf einer Mischung aus pflanzlichen und tierischen Zutaten (Fisch, Fleisch, Meeresfrüchte, Eier und – seltener – auch Milchprodukte).

Man kann also sagen, dass Shōjin-Ryōri der klassische und einzige klar definierte vegetarische Küchenstil Japans ist, während die Mehrzahl der heutigen japanischen Gerichte nach wie vor omnivor ausgerichtet ist.

(Es gibt ansonsten noch Fucha-Ryōri und einige weitere, meist buddhistisch geprägte Varianten existieren ebenfalls, sind aber entweder eng an Shōjin-Ryōri angelehnt oder spezielle Regionalformen.)

Geschichtlicher Hintergrund

Die Anfänge in Japan

Shōjin-Ryōri gelangte über die Zen-Mönche Eisai (栄西) und Dōgen (道元) in der späten Heian- und der Kamakura-Zeit nach Japan. Beide hatten in der Song-Dynastie (宋) studiert und brachten die dortige Zen-Lehre, aber auch die vegetarischen Praktiken, nach Japan. Eisai gilt außerdem als der Mönch, der den Teeanbau, Ursprung des heutigen japanischen Tees, förderte.

Entwicklung während Heian- und Kamakura-Zeit

Bereits in der Heian-Zeit (794–1185) gab es Vorläufer einer vegetarischen Küche, die jedoch oft milde gewürzt war und bei Bedarf individuell nachgesalzen wurde. Auch war diese Küche nicht strikt fleischlos, da Fisch oder Geflügel teils noch toleriert wurden. Erst in der Kamakura-Zeit (1185–1333) entwickelte sich das strenge Shōjin-Ryōri: Man würzte die Gerichte bewusster, was die Kochkunst insgesamt verfeinerte. Diese Verfeinerung hatte weitreichenden Einfluss auf die gesamte japanische Küche, indem sie neue Geschmacksnuancen und Zubereitungstechniken etablierte.

Verbreitung in der Muromachi- und Samurai-Gesellschaft

Ursprünglich war Shōjin-Ryōri die Diät von Zen-Mönchen, doch in der Muromachi-Zeit (1336–1573) wurde sie auch bei den Samurai beliebt. Die kriegsmüden Krieger schätzten den salzigen Geschmack und die belebende Wirkung bestimmter Gerichte. Mit der Zeit fand Shōjin-Ryōri schließlich auch den Weg in die Esskultur der einfachen Stadtbevölkerung.

Besondere Zutaten und typische Gerichte

Verzicht auf Fleisch, Fisch und „Gokun“ (五葷)

Shōjin-Ryōri vermeidet Fleisch und Fisch und außerdem stark riechende Gemüsearten (Gokun, 五葷). Dazu zählen Knoblauch, Schnittlauch, Lauch, Rakkyo (Schalotten) und wilder Lauch. Nach buddhistischer Lehre regen sie Begierden und Zorn an und werden daher gemieden.

Grundnahrungsmittel und Ergänzung durch Soja

Da Shōjin-Ryōri ohne tierische Proteine auskommt, setzt man verstärkt auf Getreide, Nüsse, Samen, Algen, Hülsenfrüchte und Früchte (Shōjin mono, 精進物). Um den Nährstoffbedarf zu decken, verwenden die Köche besonders häufig Sojabohnenprodukte wie Natto, Tofu und Abura-age (frittierte Tofutaschen).

Natto: Ursprünglich aus China (Zeiten der Nördlichen Wei-Dynastie, 北魏) wurde es nach Japan gebracht und innerhalb des Zen-Tempel-Essens weiterentwickelt.
Tofu: Entstand um 200 v. Chr. in der Han-Dynastie (漢) und wurde über den Song-Dynastie-Buddhismus zum zentralen Proteinlieferanten für vegetarische Tempelgerichte in Japan.

Weizenprodukte und Ölgebrauch

Eine Besonderheit des Shōjin-Ryōri sind Teigwaren aus Weizenmehl. Somen (素麺), Baozu (包子, gefüllte Dampfnudeln), Suiton (水団, Mehlklöße in Suppe), Manjyū (饅頭, Süßes mit Teighülle) und Fu (麩, Weizengluten) sind typische Beispiele. Die Ausbreitung von Weizen als Feldfrucht (Hintergrundanbau in Reisfeldern) ab der Kamakura-Zeit förderte diese Entwicklung.

Manjyū: Das Wort stammt eigentlich von einem chinesischen Gericht mit Fleischfüllung (Mantou), doch Zen-Mönche ersetzten das Fleisch durch rote Bohnenpaste (Azuki) und passten das Rezept an.
Tempura und Öl: Während frittierte Gerichte mit Sesamöl früher selten waren, setzte sich die Technik in der Azuchi-Momoyama-Zeit (Ende 16. Jh.) zunehmend durch.

Goma (Sesam) als Schlüsselzutat

Sesam (Goma) war in China als Heilmittel geschätzt und bietet vielfältige Nährstoffe. Daraus entsteht das berühmte Goma-dōfu (胡麻豆腐), eine Art „Sesam-Kuzupudding“, der auf dem Berg Kōyasan (高野山) entwickelt wurde. Man zerreibt frische Sesamsamen, vermischt sie mit Yoshino-Kuzu und dämpft sie zu einer puddingartigen Masse. Sesamöl dient außerdem zum Braten und Frittieren.

Modoki-Ryōri (もどき料理) – die Kunst der Imitation

Eine weitere Besonderheit der japanischen Shōjin-Küche ist das sogenannte „Modoki-Ryōri“, also Gerichte, die Fleisch oder Fisch in Geschmack und Konsistenz nachahmen sollen, um die Mahlzeiten abwechslungsreicher zu gestalten.

Ganmodoki (がんもどき): Zerdrückter Tofu mit Gemüse wie Karotten und Klette, in Öl frittiert, erinnert an Gänsefleisch („gan“).
Unagi-Modoki (鰻もどき): Aus geriebener Yamatoimo (大和芋), Burdock-Wurzel, Momen-Tofu und Kartoffelstärke hergestellt, in Nori gewickelt und mit Soße gebacken, sodass es an gegrillten Aal erinnert.
• Auch Konnyaku lässt sich in dünne Scheiben schneiden und als Sashimi-Ersatz servieren, oder Shiitake-Pilze erinnern in Struktur und Optik an Abalone.

Regeln und Etikette im Shōjin-Ryōri

Alles ist Teil der buddhistischen Praxis

Im Buddhismus ist jede Handlung rund um die Nahrungszubereitung, -aufnahme und -entsorgung Teil des Trainings.

Dōgen, der Begründer der Sōtō-shū (曹洞宗), verfasste das Werk „Tenzo Kyōkun“ (典座教訓) über die Einstellung einer Küchenverantwortlichen Person (Tenzo).

Die zentralen Prinzipien sind:
Achtsamer Umgang mit Zutaten (nichts verschwenden)
Ordnung halten und Utensilien pflegen
Aus der Perspektive der Essenden kochen
Einsatzbereitschaft und Kreativität zeigen
San-shin (三心, Drei Geister oder Drei Herzen) beachten:

  • Kishin (喜心): Mit Freude für andere kochen.
  • Rōshin (老心): Elterliche Fürsorge zeigen, wie ein Vater oder eine Mutter für das Kind.
  • Daishin (大心): Großherzig und ausgeglichen bleiben, wie ein Berg oder ein Ozean.

Fünf Kochmethoden, sechs Geschmacksrichtungen und fünf Farben

Dōgen nannte fünf grundlegende Zubereitungsarten: roh, gekocht, gebraten, frittiert und gedämpft.

Die Würzung soll sich auf „sechs Geschmacksrichtungen“ stützen: bitter, sauer, süß, scharf, salzig und „hell/leicht“ (zur Betonung des Eigengeschmacks).

Außerdem sollten stets fünf Farben (rot, weiß, grün, gelb, schwarz) in den Gerichten vertreten sein.

Essensrituale

• Beim Essen legt man die Stäbchen kurz beiseite, wenn man den Bissen in den Mund nimmt, und vermeidet laute Geräusche. Dies fördert Achtsamkeit.
• Man sitzt aufrecht, hält Schalen mit beiden Händen und achtet darauf, respektvoll mit dem Geschirr umzugehen.
• Nach dem Essen gibt man heißes Wasser oder Tee in die Schale, um Reste aufzunehmen und nichts zu verschwenden.

Shōjin-Ryōri in der heutigen Zeit

Mit der Ausbreitung des Buddhismus gelangte Shōjin-Ryōri aus den Zen-Tempeln in die Gesellschaft und wurde schließlich auch von der Allgemeinheit angenommen.

Moderner Trend und Gesundheit: Heute findet man schicke Shōjin-Restaurants in ganz Japan, die kalorienarme, eiweißreiche Gerichte anbieten. Dieser Trend kommt vielen gesundheitsbewussten Menschen entgegen.
Internationale Anerkennung: Angesichts der Zunahme vegetarischer und veganer Ernährungsweisen weltweit rückte Shōjin-Ryōri international in den Fokus. Ein Shōjin-Koch erhielt sogar einen Platz in der Liste „Plant Forward Global 50“, was die wachsende Bedeutung dieses Küchenstils unterstreicht.

Fazit: Ein achtsames Erbe

Shōjin-Ryōri bedeutet nicht nur Verzicht auf Fleisch und Fisch, sondern eine achtsame Einstellung zum Kochen und Essen. Die Gerichte würdigen das Leben der Zutaten und sind Ausdruck von Respekt und Dankbarkeit. Ob traditionell in Zen-Tempeln oder modern in angesagten Metropolenrestaurants: Shōjin-Ryōri bietet eine Chance, das eigene Verhältnis zum Essen zu überdenken und gleichzeitig einen tiefen Einblick in Japans spirituelles und kulturelles Erbe zu gewinnen.

Abgesehen von Sho8jin-Ryo8ri ist die japanische Küche im Allgemeinen omnivor, d. h. sie verwendet Fisch, Fleisch und Meeresfrüchte in der Regel recht häufig.

Quellen und weiterführende Links

• SOTO -Kinki: www.soto-kinki.net/dish/
• Zuitei: tamaplaza-washoku-zuitei.com/blog/2020/04/27/433/
• Japanese and Japanese culture: japanese.hix05.com/Folklore/Food/food09.shojin.html
• Fuji Oil: www.fujioil.co.jp/healthy_soy/history/06/index.html
• Kuishinbosamurai: www.kuisinbosamurai.com/bimikiko/history/shojinryori.html
• Sarai: serai.jp/gourmet/1063901
• Hitosara: magazine.hitosara.com/article/668/
• sirudaijin.com: history.kaisetsuvoice.com/Kamakura24.html
• Santatsu: san-tatsu.jp/articles/132814/

https://www.jalan.net/news/article/556405/

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