Bentō – alles über die japanischen Lunchboxen | SUSHIYA sansaro

Bentō – alles über die japanischen Lunchboxen

Inhaltsverzeichnis
Nahrhafte Alltagsmahlzeit oder verführerische Köstlichkeiten der japanischen Küche ästhetisch in einer speziellen Box arrangiert – das ist Bentō.  Das japanische Bentō bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Alltagssnack und Kostbarkeiten, zwischen gesunder Ästhetik und kulinarischem Kunsthandwerk. 

Mit seinem Anspruch an gesunde Ernährung und seinen originär japanischen Behältnissen ist Bentō ein typischer Vertreter von Washoku, der traditionellen japanischen Küche. Und in Japan gibt es natürlich nicht nur die gewöhnlichen und hausgemachten Bentō, sondern auch exklusive Bentō, zusammengestellt aus den Highlights der jeweiligen Küche, die die Spitzengastronomie erobern. Hier ein grober Überblick über das Spektrum, das Bentō abdeckt.

Was ist Bentō?

Ein Bentō ist in Japan das, was in Deutschland die Butterstulle ist – aber auf einem sehr viel höheren Niveau. 

Denn wo die Butterstulle einfach satt machen und nahrhaft sein soll, ist jedes Bentō ein kleines Kunstwerk. Das Auge isst mit, wie das in der japanischen Küche üblich ist. Home-made Bentō sehen natürlich etwas anders aus als die Bentō, die Restaurants, Hotels und spezialisierte Shops anbieten.

Wichtig zu wissen: Als Bentō(-Box) wird sowohl die gesamte Mahlzeit zum Mitnehmen als auch der Behälter, also die „Vesperdose“, bezeichnet. Im Japanischen bezeichnet man die reine Box ohne Inhalt, also den nicht essbaren Behälter, zur Differenzierung manchmal als Bentō-bako (弁当箱).

Dabei gibt es zahlreiche unterschiedliche Formen und Stilrichtungen von Bentō, von einfachsten Boxen, die zuhause für Schulkinder gemacht werden, bishin zur Haute Cuisine von Spitzenköchen in feinen Boxen aus japanischem Zedernholz.

Zum klassischen Bentō gehört normalerweise Reis als sättigendes Lebensmittel. 

Die Beilagen, sorgfältig zusammengestellt aus verschiedenen Gemüsen, Tofu, Ei, Fisch und Fleisch sowie häufig einem fruchtigen Nachtisch, sind geschmacklich und ästhetisch aufeinander abgestimmt. 

In Sachen Nährwert, Menge und Kaloriengehalt ist ein Bentō eine vollwertige Mahlzeit. Und das wiederum unterscheidet es deutlich von der Butterstulle, die zwar satt macht und Energie liefert, aber häufig nicht ausgewogen ist.

Fukiyose Bento vom 24. März 2022 im sansaro in München - ein kleines Kunstwerk

Woher kommt das Wort Bentō?

Das Wort Bentō kommt aus der japanischen Sprache. Eine Wegzehrung kannte man in Japan bereits im fünften Jahrhundert, allerdings wurden die Speisen früher noch in einfachen Körbchen oder in Tüchern transportiert. Ein stilsicher verpacktes Bentō wird bis heute im Furoshiki eingeschlagen. Der Begriff des Bentō kam allerdings nach heutigem Dafürhalten erst mit der Azuchi-Momoyama-Zeit auf (1573 – 1603). In dieser kriegerischen Zeit ließ Feldherr Oda Nobunaga die Menschen mit Proviant in Boxen aus lackiertem Holz versorgen.

Was bedeutet Bentō?

Das Wort Bentō (弁当) bezeichnet einerseits die Mahlzeit für unterwegs, andererseits die Box, in der diese Speisen aufbewahrt und transportiert werden, die in vielen Fällen auch als Essgeschirr dient. 

Bentō bedeutet also zuerst einmal „Essen zum Mitnehmen“.

Wie schreibt man Bentō?

Bentō wird mit zwei Kanji geschrieben. Kanji sind die sinojapanischen Schriftzeichen, die sowohl laut- als auch bedeutungstragend sind. Im Falle des Bentō (弁当) setzt sich der Imbiss zum Mitnehmen aus dem Kanji für „Sprache“, „Dialekt“, „Unterscheidung“ oder „Blatt“ (Ben 弁) und dem Kanji für das Verb „treffen“ oder „zutreffen“ (tō, ateru oder ataru 当) zusammen. 

Die direkte Übersetzung des Wortes „Bentō“ ist damit eine ganz poetische Angelegenheit: man trifft sich (zum gemeinsamen Essen), kommt zusammen, und zwar auch sprachlich. 

Denn Japan war und ist speziell in ländlichen Regionen stark von Dialekten geprägt. 

Etwas bodenständiger interpretiert bedeutet Bentō (弁当) dann aber einfach, dass das Essen früher wohl zunächst in Blätter gewickelt zum Mitnehmen transportiert wurde…

Der Ursprung von Bentō könnten in Blätter eingewickelte Reisbällchen sein

Was ist in einer Bentō-Box?

Was genau in einer Bentō-Box Platz findet, wird natürlich von der Gestaltung der Box definiert. Die meisten Boxen für den Hausgebrauch fassen etwa 1.000 Milliliter. Richten Restaurants und spezialisierte Shops die Boxen her, gibt es natürlich andere Möglichkeiten als im privaten Haushalt.

Ernährungsphysiologisch ausgewogene Zusammenstellung

Ein Bentō wird in der Regel nach der „3:2:1-Regel“ zusammengestellt. 

Vom Volumen her kommen drei Teile Kohlenhydrate auf zwei Teile Proteine und zwei Teile Sonstiges. Unter Sonstiges sind Obst und Gemüse zusammengefasst. 

Anmerkungen für Bentō-Freaks: im ausserjapanischen Ausland wird auch immer wieder eine 4:2:1-Regel erwähnt. 

Wir konnten jedoch in Japan keinerlei Quellen dazu finden und sind daher nicht sicher, ob es dieses 4:2:1-Regel wirklich gibt, oder ob im Internet manche Leute falsch von einander abgeschrieben haben? Wie immer gilt: wenn Sie eine Frage oder einen anderen Wissensstand haben, schreiben Sie uns ruhig! Wir gehen jedem Hinweis dankbar nach…

Ein Bentō bedeutet klassischerweise immer einen ausgewogenen Mix verschiedener Nahrungsmittelgruppen

Essen bei Zimmertemperatur

Bentō wird meist bei Zimmertemperatur gegessen. 

Die Auswahl der einzelnen Speisen berücksichtigt das: In die Box kommt nur, was bei Zimmertemperatur mundet. Das ist zumindest der Klassiker – inzwischen werden allerdings auch Thermoboxen in Japan verkauft, in denen das Bentō für einige Stunden warm (oder im heißen Sommer kalt) bleibt.

Typisch japanisch: 5 Geschmacksrichtungen

Ebenso wichtig wie der ausgeglichene Nährstoffgehalt ist der geschmackliche Ausgleich. Alle fünf Geschmacksrichtungen sind im Bentō enthalten:

  • süß (meist süßlich-milde Gemüsesorten)
  • sauer (eingelegtes Gemüse zum Beispiel)
  • salzig (oft schon durch die die Beilagen begleitende Sojasauce gegeben)
  • bitter (vielleicht durch ein Kräuter-Topping gegeben)
  • scharf (beispielsweise durch Fleisch oder Gemüse in einer scharfen Sauce)

Die Zahl fünf taucht übrigens in der japanischen Küche an vielen Stellen immer wieder auf – mehr dazu in unserem Artikel über Washoku.

Ein hochwertiges Bentō braucht immer viel Erfahrung und viel Handarbeit

Reis ist eigentlich immer dabei

Der Reis neutralisiert jeweils den Geschmack zwischen den einzelnen Speisen und sorgt dafür, dass die Geschmackssinne nicht überfordert werden. Auch farblich ist das Bentō abwechslungsreich gestaltet. Rote und gelbe Farbtöne kommen selbstverständlich in einer ästhetischen Kombination mit Grün, Weiß und Schwarz vor.

Was für Formen und Boxen gibt es für Bentō?

Im Haushalt sind Bentō-Boxen aus Kunststoff geläufig, Thermoboxen bestehen meist aus doppelwandigem Metall mit einer isolierenden Schicht dazwischen. Es gibt sowohl Boxen mit einer Fächereinteilung in der Fläche als auch Boxen, die übereinandergestapelt werden. Hier ist jede Lage ein einzelnes Fach.

Das Bentō aus dem professionellen Bereich sieht etwas anders aus.

Während im Supermarkt und im Convenience Store (beispielsweise bei Family Mart) häufig günstige Kunststoffverpackungen genutzt werden, sind im Bereich der gehobenen Küche Boxen aus Zedernholz, aus Lackware oder Bambus üblich. Generell gilt: Je edler die Speisen, die zusammengestellt werden, desto hochwertiger ist die Box.

Hinsichtlich der typischen Stilrichtungen haben sich im Laufe der Geschichte ganz unterschiedliche Varianten entwickelt:

  • Eki-ben (駅弁): An den Bahnhöfen und in der Nähe der Bahnhöfe verkaufte Bentō, die sich speziell an Reisende richten. Kostengünstige Einweg-Verpackungen können die hochwertigen Boxen ersetzen. In Japan gehören Eki-Ben zu den typischen, regional unterschiedlichen Spezialitäten, die Zugreisen üblicherweise zu großen Freuden machen.
Zur Auswahl zusammengestellte Eki-Ben eines Bahnhofs in Tōkyō
  • Makunouchi Bentō (幕の内弁当): Makunouchi wird als Bezeichnung für den Inhalt der Box genutzt, nicht für die Box selbst. Diese Form des Bento ist leicht zu erkennen: Reis und Beilagen sind zusammen in einer Box platziert. Dazwischen kann sich eine Trennwand befinden, muss aber nicht. Für diese Form des Bento wird in der Regel keine Lackware genutzt, sondern es werden schlichtere Materialien verwendet. Der Begriff „Makunouchi-Bento“ wurde in der späten Edo-Periode (1603-1867) geprägt, um das aufwendige Bento zu beschreiben, das weißen Reis mit Beilagen kombinierte und aufwändiger war als ein einfaches Onigiri. Er wird manchmal als Oberbegriff für „Bentō, die in der Theaterkultur der Edo-Zeit auftauchten“ definiert. Zunächst wurden sie für die Schauspieler und das Backstage-Personal während der Theateraufführungen hergestellt und entwickelten sich schließlich mit dem Aufkommen von publikumsorientierten Produkten weiter. Schließlich wurden diese Lunchboxen standardisiert und in Massenproduktion hergestellt.
Eine Variation einer Makunouchi-Bentō-Box
  • Shōkadō Bentō (松花堂弁当): Die Box, in der Regel aus Lackware oder Holz, hat eine gleichmäßige Innenfacheinteilung. Die einzelnen Speisen werden allerdings nicht einfach in den Innenfächern platziert, sondern jeweils in einer Schale oder auf einem Tellerchen in das jeweilige Fach gestellt.
Klassisch für die Shōkadō-Bentō-Box ist die viergeteilte Innenaufteilung
  • Wariko Bentō (割子弁当): Wariko ist der japanische Begriff für die Inneneinteilung der Fächer. Hier geht es also um Boxen aus Lackware oder Holz, die innen Partitionen aufweisen. Anders als beim Shokado Bentō werden die einzelnen Speisen direkt in die Fächer platziert, die zusätzlichen Teller und Schalen fallen weg.
Wariko-Bentō sind die mit einer eingelassenen Innenschale
  • Tansu Bentō (箪笥弁当) oder Hikidashi Bentō (引き出し弁当): Handwerklich komplex gestaltete Behälter aus Holz oder Bambus erinnern optisch an eine Mischung aus hochwertigem Überseekoffer und Bücherregal. Die aufwändigen Boxen sind hoch, mit einem Griff versehen und können aufgeklappt werden oder haben kleine Schubfächer. Darin befinden sich (je Fach) die verschiedenen Speisen. Ein Bild von einem Tansu Bentō haben wir bei einem Hersteller in Japan gefunden.
  • Okamochi Bentō (岡持弁当): Auch das ist ein aufwendiger Behälter mit mehreren über- und nebeneinander gestalteten Einzelbehältern, in denen die Speisen sauber voneinander getrennt transportiert werden. Allerdings sind bei dieser Variante die Speisen wieder in einzelnen Schalen und auf Tellern in das Okamochi Bentō verpackt. Hier gibt es ein Bild von einem Okamochi-Bentō.

Das sind nur wenige, gängigste Formen von Bentō aus dem professionellen Bereich. Es gibt natürlich noch zahlreiche weitere Unterarten bis hin zu ganz besonderen Bambuskörbchen (Takekago Bentō, 竹籠弁当), eine ansprechender und ästhetischer gestaltet als die andere. 

Jede Form des Bentō hat ihr eigenes, spezielles Umfeld oder einen Anlass, in und zu dem es serviert und genossen wird.

Wo gibt es Bentō-Boxen?

Bentō-Boxen kann man inzwischen weltweit käuflich erwerben. Die normale deutsche Haushaltswaren-Abteilung hat sie zwar nicht, aber es gibt genügend Händler, die asiatische Küchenwaren importieren.

Und im Internethandel ist ohnehin alles erhältlich, was das Herz begehrt.

Was ist der historische Ursprung von Bentō?

Bentō kommt aus Japan.

Geschichtlich gesehen hat es sich (stark vereinfacht dargestellt) entwickelt, weil die Ernährungslage im Laufe der Jahrhunderte immer besser wurde.

Die Menschen aßen nicht mehr zweimal täglich zu Hause, sondern stellten im Alltag auf drei tägliche Mahlzeiten um. Dadurch wurde es nötig, auch unterwegs Speisen zur Hand zu haben.

Aus einfachen Zubereitungen von gesäuertem Reis mit Fisch und/oder Gemüse wurden kleine Mahlzeiten, die kunstvoll in Bambusbehälter, in Blätter oder andere natürliche Materialien verpackt wurden. Aber was wäre eine japanische Tradition ohne schöne Geschichte?

Natürlich gibt es diese auch zur Entwicklung des Bentō, speziell des Shokado-Bentō…

Es war einst ein buddhistischer Mönch namens Shōjō Shōkadō (松花堂昭乗).

Er widmete sein Leben den Künsten, galt als Meister der Teezeremonie, Maler und Schreibkünstler. War er unterwegs (und er reiste gerne), so hatte er stets eine Box mit vielen Unterteilungen dabei, die er für seine Malutensilien nutzte. So einen Malkasten nutzte er auch für seinen Tabak, sagt man. Als er einmal in Ōsaka zu Gast war, fiel dieses System aus verschiedenen Kästen mit Innenfächern seinem Gastgeber auf. Der hatte eine gute Idee und nutzte eine solche Box, um Kaiseki-ryōri zu servieren. So werden die Speisen des Shōkadō-Bentō bis heute mit Kaiseki, der japanischen Haute Cuisine, in Verbindung gebracht.

Wieviel kostet ein Bentō?

Die Preise für ein Bentō können von wenigen Euro bis hin zu dreistelligen Euro-Beträgen variieren. 

Man könnte auch in Deutschland fragen: Wie viel kostet eine Mahlzeit zum Mitnehmen? Hierzulande kann man für schon für weniger als fünf Euro belegte Brote beim Bäcker erwerben, kann aber auch bei einem erstklassigen Lieferservice hohe zweistellige bis mittlere dreistellige Beträge für die „flotte Mahlzeit“ ausgeben.

Beim japanischen Bentō ist das nicht anders. Eki-ben und Boxen aus Supermarkt und Convenience Store sind für umgerechnet zwei oder drei Euro zu haben. Das einfache Bentō aus dem Restaurant und das Eki-ben können bis zu 20 Euro kosten. Gehobene Restaurants und Bentō-ya richten zu speziellen Anlässen aber auch deutlich kostenintensivere (und edlere) Bentō her.

Kann man Bentō auch selbst machen?

In Japan ist hausgemachtes Bentō schon lange Tradition, auch in Europa ist das Bentō seit einigen Jahren richtiggehend in Mode gekommen.

Zahlreiche Kochbücher, Internetseiten und sogar Magazine befassen sich mit Rezepten und geben Tipps, wie man auch hierzulande ein Bentō zusammenstellen kann. Das ist in Japan nicht anders. Was im deutschsprachigen Internet „Chefkoch.de“ ist, stellt in Japan die Plattform Cookpad dar. Und die befasst sich ausführlich mit Bentō.

Sogar eigene Kochsendungen im Fernsehen zeigen der interessierten japanischen Hausfrau, wie man ein Bentō ansprechend, gesund und ausgewogen gestaltet.

Besonders beliebt sind Charakter-Bentō. Darunter versteht man Mahlzeiten, die nach beliebten Figuren aus der Popkultur gestaltet werden. In Deutschland sind diese Bentō insbesondere in der Szene der Animê- und Manga-Fans beliebt. In Japan darf es auch für weniger extrem geprägte Menschen kawaii 可愛い aussehen. Übrigens spricht man grundsätzlich von „o-bentō“. Der Respekt gegenüber den Nahrungsmitteln und sorgfältig zubereiteten Speisen vermisst man in Deutschland manchmal.

Charakter-Ben gibt es in allen erdenklichen Arten und sind sicher gesünder als Leberkässemmel oder Süßgebäck
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