Mayonnaise in der Japanischen Küche | SUSHIYA sansaro

Mayonnaise in der Japanischen Küche

Inhaltsverzeichnis

Japan – wer in Deutschland denkt da nicht landläufig an Sushi, gesundes Essen, lange Lebenszeit, feinste Zutaten und vielleicht noch Sojasauce und Miso-Paste? So Manchen wird es überraschen, dass Japan ein Land ist, was heutzutage ausgerechnet ohne Mayonnaise kaum denkbar ist!

Fakt ist: Ohne Mayonnaise sind Okonomiyaki (お好み焼き), Yakisoba (焼きそば), Takoyaki (たこ焼き), Katsu-Sando (カツサンド), Onigiri (おにぎり) und Kartoffelsalat (ポテサラ), alles typisch japanischen Gerichte, völlig undenkbar. 

Und es darf nicht irgendeine Mayonnaise sein, es muss japanische Mayonnaise sein. Moment mal – ist die anders? Und ist Kartoffelsalat nicht ein urdeutsches Gericht?

Ja, ja und nein. Ja, japanische Mayonnaise ist anders und hat mit den fettreduzierten Light-Produkten für figurregenerierende Salate aus deutschen Supermärkten außer dem Namen nichts gemeinsam. Und ja, Kartoffelsalat ist auch ein deutsches Gericht. Aber nein, das bedeutet nicht, dass man in Japan keine eigenen Vorstellung vom Kartoffelsalat hätte – eben wie von der Mayonnaise. Und jetzt geht es in die Details, aber der Reihe nach.

Wann hat die japanische Liebe zur Mayonnaise ihren Anfang genommen?

1912 soll ein Japaner namens Nakashima Toichiro (Kanji recherchieren wir noch…), damals 19 Jahre alt, in den USA und in Europa der Mayonnaise begegnet sein. 

Der junge Mann befand sich auf einer Ausbildungsreise, geschickt hatte ihn das japanische Landwirtschaftsministerium. Das lässt sich alles so weit noch verifizieren. Nakashima soll von Mayonnaise begeistert gewesen sein. Das konnten wir nicht nachprüfen (vgl. https://asienspiegel.ch/2019/03/das-mayonnaise-land-japan).

Zurück in Japan gründete Nakashima 1919 das Lebensmittelunternehmen Shokuhin Kogyo. Aber erst sechs Jahre später, 1925, gelang es ihm, ein japanisches Mayonnaise-Produkt auf den Markt zu bringen. Die Kewpie Mayonnaise war geboren!

Mayonnaise in Japan seit der Markteinführung beliebt

Schon im ersten Jahr verkauften sich 600 Kilogramm des in Japan zuvor völlig unbekannten Produkts. Im zweiten Jahr konnte Shokuhin Kogyo bereits stattliche sieben Tonnen Mayonnaise unter die Leute bringen. Die Verkaufszahlen stiegen kontinuierlich, und Kewpie Mayonnaise ist bis heute die beliebteste Mayonnaise in Japan.

Unterschied zwischen japanischer und europäischer Mayonnaise

Anders als bei europäischer Mayonnaise wird in Japan ausschließlich das Eigelb und nicht das ganze Ei in der Mayonnaise verwendet. Zusammen mit Pflanzenöl, Essig und Gewürzen ist das schon alles, was das Produkt benötigt. Die Verpackung ist denkbar simpel gehalten, auf dem westlichen Markt würde sie nicht einmal funktionieren.

Kewpie Puppen: Entworfen von einer Amerikanerin, hergestellt in Deutschland, geliebt in Japan

Die frühe Werbung für die Mayonnaise sprang auf einen international rollenden Werbezug auf.

Das Unternehmen nutzte die ab den 1940er-Jahren international populären Designs von Rose O’Neill für sich. Die hatte einen kleinen nackten Buben entworfen, pausbäckig und von Colgate, Kellog’s und anderen Firmen bereits früh vereinnahmt. Die Figur nannte sie Kewpie, aus den Illustrationen wurden bald schon Puppen entworfen.

Das Logo und Maskottchen von Kewpie Mayonnaise war keine rein japanische Sache, sondern – wie die Mayonnaise selbst – eine aus dem Westen adaptierte Modeerscheinung (vgl. https://www.kewpie-jp.com/about/doll-100th.html). 

Der kleine Amor, ein dickes Baby, soll laut Slogan „Die Liebe auf dem Esstisch“ garantieren. Und daher kommt auch der Name der Mayonnaise: Kewpie ist die kurze Herleitung des englischen Worts „cupid“, also ein Cupido. Der süße kleine Barockengel ist niemand anderes als der Gott der Liebe aus der römischen Mythologie. Die Puppe zum Logo kommt aus dem thüringischen Ohrdruf (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kewpie und https://en.wikipedia.org/wiki/Kewpie).

Es ist übrigens nicht bei einer einzigen Mayonnaise geblieben. Kewpie Mayonnaise gibt es inzwischen in vielen verschiedenen Sorten, und sie ist auch in Europa erhältlich. Shokuhin Kogyo heißt seit 1957 Kewpie Corporation, um an den Erfolg des eigenen Produkts umfassend anzuknüpfen.

Kewpie Mayo ist nicht nur in Japan erhältlich, sondern auch in anderen Ländern. Hier verrät das Preisschild, dass wir uns in einem US-amerikanischen Supermarkt befinden. Wir geben zu: Der kleine Nackedei auf der Packung ist ikonisch!

100 Jahre Mayo-Nation Japan: 3 Fun Facts!

Wenn ein Produkt so populär ist wie die Mayonnaise in Japan, dann gibt es die ein oder anderen kuriosen Fakten dazu — gerade in Japan. Wir haben ein paar Fun Facts rund um die Mayonnaise und Kewpie gesammelt.

Pop-up Café zum 100jährigen Firmenjubiläum

Nakashima konnte nicht ahnen, was er da 1925 ins Rollen brachte. Aus dem Land der Sojasauce wurde sozusagen über Nacht das Land der Mayonnaise. Um die Gründung des heute als Kewpie Corporation bekannten Unternehmens zu feiern, eröffnete der Hersteller 2019 ein temporäres Kewpie Café in einem illustren Kaufhaus- und Bürokomplex in Roppongi. Das „kewpie 100 years, start! CAFÈ“ servierte Salate, Sandwichs und andere kleine Gerichte, die alle Mayonnaise enthielten. Wer lieber ein Dessert essen wollte, konnte einen Mayonnaise-Pudding versuchen. Das Café schloss in Tokyo am 31. März 2019 wieder, als Pop-up Store war es auch in anderen japanischen Städten zu Gast (vgl. https://www.kewpie.co.jp/100th/cafe/). 

Mayoterrace: Kewpie Mayonnaise Museum in Tōkyō

Die Kewpie Corporation hat der Mayonnaise inzwischen ein ganzes Museum in Tōkyō gewidmet, das den Gästen die Geschichte der Mayonnaise, die Herstellung mitsamt aller Prozesse und Maschinen nahebringt sowie eine Verkostung ähnlich einer Weinprobe anbietet (vgl. https://www.kewpie.co.jp/entertainment/mayoterrace/). Nicht verwunderlich für Japankenner: Das Restaurant des Mayoterrace ist als Gebäude in Form einer riesigen, umgelegten Mayo-Flasche der Firma Kewpie gestaltet, die Außenhülle ist transparent.

Grüne Mayonnaise, rote Mayonnaise, gelbe Mayonnaise, braune Mayonnaise: Vielfalt!

Im 21. Jahrhundert gibt es nicht nur unzählige spezielle Sorten von Mayonnaise in Japan, sondern spezielle Geschäfte, die nur Mayonnaise in ihren verschiedenen Variationen verkauft. Am beliebtesten ist natürlich immer noch die klassische Kewpie Mayonnaise. Sorten, die in Deutschland eher selten zu finden sein dürften, sind Wasabi-Mayo, Zitronen-Mayo, Sesam-Mayo und Sriracha-Mayo.

Echter Wasabi ist extrem kostenintensiv. Ob Wasabi-Mayo wirklich Wasabi enthält? Wahrscheinlicher ist, dass der Mayonnaise ein kostengünstiger Ersatzstoff mit ähnlichem Geschmack und grüne Farbe beigemischt wird.

Pudding mit Mayonnaise und Mayonnaise-Eis

Mayonnaise wird zwar im Westen eher deftigen Gerichten als Sauce beigegeben, in Japan hat es die Mayonnaise aber auch in die Desserts geschafft. Rezepte für Mayonnaise-Pudding (マヨネーズプリン) gibt es bei Cookpad, der in Japan beliebtesten Anlaufstelle für Rezepte im Internet. Mayonnaise-Kakigori (マヨネーズかき氷) soll bei Matsuri und in etwas spezielleren Cafés (vgl. http://www.3-kyo.co.jp/community/2020/03/18/%E3%83%9E%E3%83%A8%E3%83%8D%E3%83%BC%E3%82%BA%E3%81%8B%E3%81%8D%E6%B0%B7%E3%81%8B%E3%81%A3%EF%BC%81/) erhältlich sein. Tipp für Hausfrauen: Soll der Pudding besonders sanft und cremig werden (japanischer Pudding ist so eine Art Creme Brulee), dann hilft es, etwas Mayonnaise beizumischen (vgl. https://www.kewpie.co.jp/recipes/recipe/QP10001410/).

Geschabtes Eis, Aroma, Farbe und Geschmack – kurz Sirup – reichen aus, um Kinder im Sommer glücklich zu machen. Kakigori ist Street Food. Aber es wird auch in Restaurants serviert, als Dessert ist es beliebt und wird mit Sahne, Milch, Match, frischen Früchten und mehr angereichert.. Wo und wann genau die Mayonnaise ihren Weg ins Kakigori fand ist nicht klar. Standard ist das jedenfalls nicht.

Welche Gerichte verlangen in Japan nach Mayonnaise?

Trotz des ein oder anderen kuriosen Desserts mit Mayonnaise wird die feine Würzsauce in Japan in erster Linie zu deftigen Speisen gereicht. Mayonnaise hat ihren festen Platz in der Hausmannskost und spielt bei Street Food und den Speisen für Picknicks eine wichtige Rolle. Es sind in erster Linie die eher fettigen, frittierten Gerichte, die mit Mayonnaise verfeinert werden. Denn japanische Mayonnaise hat keine so fettige Textur wie die westlichen Mayonnaisen, sie ist feiner und cremiger.

Ganz häufig geben Hausfrauen etwas Mayonnaise auf gekochten Spargel, auf Blumenkohl und Brokkoli. Die Gemüse werden als kleine Beilage serviert, oft auch kalt. Es sind also nicht ausschließlich schwere Gerichte, die von der Mayonnaise geschmacklich profitieren.

Onigiri: Mayonnaise als wichtige Zutat

Onigiri (おにぎり) gelten als typisches und urjapanisches Take-out Essen.

Die kleinen Reisbällchen sind in Konbini und Supermärkten erhältlich, werden aber auch häufig für Picknicks und Bentos zu Hause gefertigt. Gefüllt sind sie mit allem Möglichen: Tamagoyaki (卵焼き) oder Erbsen, Mais oder gegrillter Lachs können sich im Reis verstecken.

Besonders häufig findet man aber gegarte Garnelen (マヨネーズ海老), gegarten Thunfisch (マヨネーズツナ), frittiertes Hühnchen ( 鶏唐揚げマヨネーズ) oder Ei (半熱煮玉子・マヨネーズ入り), das mit einer Lage Mayonnaise ummantelt oder gemischt in der Mitte des Onigiri sitzt. Laut Ranking ist Thunfisch-Mayo derzeit die beliebteste Variante, zumindest bei den in Konbini verkauften Onigiri (vgl. https://ranking.net/rankings/best-rice-balls).

Typischer Anblick im Konbini: Onigiri verschiedener Hersteller und mit unterschiedlichen Füllungen reihen sich im Kühlregal aneinander. Der derzeitige Favorit Thunfisch-Mayonnaise befindet sich in der unteren Reihe, die dritte Packung von rechts ist es.

Kleine Geschichte der Onigiri

Onigiri sind heute typisch japanisch. Ihre erste schriftliche Erwähnung finden die kleinen Bällchen im Tagebuch der Murasaki Shikibu, einer Hofdame und Schriftstellerin der Heian-Zeit (794-1185). 

Damals als tonjiki bezeichnet, handelte es sich um mayonnaisefreies Reiseproviant und kleine Gaben für Diener und Leibwächter. In der Kamakura-Zeit (1185-1333) dienten die handlichen Bällchen als Verpflegung für Soldatentruppen im Kampf. Umeboshi waren als Füllung schon sehr früh dabei, daneben verwendete man verschiedene Gemüse. Ursprünglich wurde übrigens roter und schwarzer Reis genutzt, der weiße uruchi-mai kam erst in der Sengoku-Zeit (1467-1603) auf und setzte sich nach 1590 im Land durch.

Okonomiyaki – ohne Mayonnaise einfach nicht komplett

Okonomiyaki (お好み焼き) ist eine Art Pfannkuchen, der bei Tisch auf einer heißen Platte selbst hergestellt wird. Kohl, Fisch, verschiedene Gemüse und Fleisch, Mochi oder Käse kommen auf die Platte, werden kurz angegart und dann mit dem Pfannkuchenteig bedeckt und fertig gegart. Alternativ können die kleingeschnittenen Zutaten mit dem Pfannkuchenteig gemischt und dann alles zusammen gegart werden. Das Gericht gilt als Spezialität der Kansai-Region und ist insbesondere in Ōsaka beliebt. Das Tōkyōter Äquivalent wäre Monjayaki (もんじゃ焼き).

Okonomiyaki wird zuerst auf beiden Seiten gebacken, mit dem Spatel auf der heißen Platte zerteilt und umgedreht. Dann werden die einzelnen Teile mit Nori (のり) und Katsuōbushi (鰹節), mit Mayonnaise und Ingwer bedeckt und genossen. Theoretisch könnte man die Mayonnaise auch weglassen – aber dann würden die losen Zutaten gar nicht auf dem Pfannkuchen halten, das Konstrukt wäre also nicht so einfach essbar. Okonomiyaki wird typischerweise im Restaurant gegessen, zu Hause bereitet man es in der Pfanne zu.

Mit Mayo oder ohne Mayo? Bei so vielen verschiedenen Saucen, Ao-Nori und anderen würzenden Auflagen sieht man das gar nicht mehr. Vermutlich verrückt sich bei dieser Variante aus Ōsaka die Mayonnaise unter der dunklen Sauce.

Kleine Geschichte von Okonomiyaki

Die Ursprünge von Okonomiyaki finden sich in Kyōto und liegen vermutlich zwischen 1681 und 1684. Mayonnaise gab es damals in Japan natürlich noch nicht, die Pfannkuchenteige wurden auf der Basis von Reismehl (heute Weizenmehl) zubereitet und mit saisonalen Zutaten angereichert. Erst gute 50 Jahre später verbreitete sich das Rezept in anderen Teilen Japans, Weizenmehl wurde statt Reismehl verwendet, irgendwann kam eine Worcestershiresauce dazu. Man experimentierte mit unterschiedlichen Toppings. Nach dem Großen Erdbeben von 1923 kam Okonomiyaki von Tōkyō aus nach Ōsaka, Hiroshima und Kōbe. Ab da entwickelten sich die heute so prominenten regionalen Unterschiede.

Yakisoba: Kein Matsuri ohne die gebratenen Nudeln!

Yakisoba (焼そば) übersetzt wörtlich als „gebratener Buchweizen“.

Tatsächlich handelt es sich aber um irgendeine Art von Nudeln (in der Regel aus Weizenmehl hergestellt), die vorgekochten Nudeln werden mit Gemüse, Fleisch oder Fisch und einer Sauce gebraten. Die Sauce stellt jeder Anbieter dieses Street Foods selbst her, die Basis dafür bilden Sojasauce und Austernsauce.

Yakisoba sind seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Japan nachweisbar und ist von Festen (Matsuri, 祭り) in Tempeln, Schreinen, Schulen, Stadtteilen und so weiter nicht wegzudenken. Die gebratenen Nudeln werden mit Mayonnaise dekoriert und mit Ao-Nori (青のり) und anderen würzenden Zutaten bestreut. Wie bei Okonomiyaki gilt auch hier: Ohne Mayonnaise würde die Würze nicht gut halten, das Gericht ließe sich nicht so gut im Stehen verzehren. Seit den 1930er-Jahren sind Yakisoba in Japan etabliert.

Yakisoba wird bei Festen auf fahrbaren Ständen mit einem Gaskocher unter der großen Metallplatte zubereitet. Die Hitze direkt am Stand ist enorm und die Kunstfertigkeit der Köche beim Wenden der Zutaten auf der heißen Platte bewundernswert.

Katsu-Sando

Hat man in Japan unterwegs Hunger, holt man sich entweder ein Bento oder eine Kleinigkeit im Konbini. Die Alternative zu den bereits besprochenen Onigiri sind Sandwiches. Mit den in Deutschland bekannten Butterstullen oder belegten Brötchen vom Bäcker haben die aber nicht viel gemeinsam. Die Sandwiches, kurz als Sando (サンド) bezeichnet, bestehen aus einer weichen Scheibe Weißbrot nach dem Vorbild amerikanischen Sandwich-Toasts, das mit Mayonnaise (statt Butter) bestrichen und mit Salat, Schinken, Käse, Fisch, Ei oder anderen Zutaten belegt sein kann. Mayonnaise ist essentiell, denn sie erfüllt die gleiche Funktion wie die Butter auf dem Brot in Deutschland: Sie fixiert den Belag.

Aber das ist noch nicht alles. Sando können auch mit Kartoffelsalat „belegt“ sein (dazu später mehr) oder mit Eiersalat. Tamago-Sando (卵サンド) tragen eine Füllung aus halbgarem Ei, vermischt mit Mayonnaise und abgewürzt. Katsu-Sando (カツサンド) sind mit einer japanischen Version des Schnitzels belegt, das normalerweise in Streifen geschnitten auf einer Schale Reis serviert wird (Katsudon, カツ丼). Wie bei Katsudon wird auch auch Mayonnaise als cremig-milde Sauce eingesetzt (vgl. https://www.kurashiru.com/recipes/daac180b-4078-4b89-9483-ba1535475039).

Der japanische Kartoffelsalat

Es gibt natürlich weltweit ganz unterschiedliche Rezepte für Kartoffelsalat.
Allein in Deutschland sind schon zwei große Bewegungen festzustellen: Während im Südwesten der Kartoffelsalat in der Regel mit einer klaren, essigbasierten Sauce mariniert wird, verwendet man in anderen Gegenden eine auf Mayonnaise basierende Sauce, gerne auch mit Yoghurt gemischt. Die erste Variante findet sich in Abwandlungen (Sud aus Fleischbrühe, Essig, Öl und Gewürzen) auch in Österreich bis nach Kroatien, teilweise serviert man den Salat sogar noch warm. Die Version mit Mayonnaise ist über Deutschland hinaus in Schlesien und Böhmen bekannt, im Rheinland kommen Gewürzgurken oder Äpfel hinein, in Brandenburg dürfen es auch Radieschen sein.

Der Charivari – der Salat heißt tatsächlich so und hat mit dem Warlock aus Jonathan Stroud’s „Skulduggery Pleasant“ vermutlich nichts zu tun – ist die französische Version des Kartoffelsalats und mischt die Kartoffel mit Äpfeln, Birnen, Champignons und Rote Beete sowie Salzgurken, das Dressing wird aus Mayonnaise hergestellt. In Spanien und Lateinamerika kennt man den „Ensaladilla rosa“, übersetzt den russischen Salat. Und der wird neben Kartoffeln mit Karotten, Erbsen und Thunfisch sowie Spargel angereichert, regional kommen Paprika, saure Bohnen und sogar Oliven dazu. Damit ist klar: Kartoffelsalat ist keine typisch deutsche Angelegenheit.

Ursprung des Kartoffelsalats: Möglicherweise ein heute unbekannter russischer Salat

Bei der heutigen weltweiten Verbreitung ist es schwierig nachzuvollziehen, woher der Kartoffelsalat ursprünglich kam. Gerade im Internet kursieren ganz eigentümliche Geschichten und Legenden.
So vermutet beispielsweise der „Verband der japanischen Kartoffelsalate“ (nihon potetosarada kyōkai, 日本ポテトサラダ協会), dass der Ursprung des Kartoffelsalats in der heute in Japan bekannten Variante in Russland liegt. Und zwar sieht man den Olivier-Salat als Vorgänger.

Der Franzose Richouin Olivier war als Koch im Moskauer Restaurant „Hermitage“ tätig und servierte in diesem 1864 eröffneten Etablissement eine Salat mit Kartoffeln. Olivier starb irgendwann, hinterließ kein Rezept, und niemand wusste, wie sein leckerer Salat zubereitet wurde. Russische Restaurants servieren allerdings bis heute den Olivier-Salat. Und der ist in Zutaten, Konsistenz und Geschmack dem japanischen Kartoffelsalat tatsächlich sehr viel ähnlicher als irgendein anderer der regional sehr verschiedenen Kartoffelsalate der heutigen Zeit (vgl. https://potasala.jp/potasala-history/).

Optisch erinnert der Olivier-Salat durchaus ein wenig an japanischen Kartoffelsalat. Aber letzterer ist dann doch noch cremiger, weniger brockig, und vor allem enthält er keine Erbsen!

Kartoffelsalat in Japan seit der Meiji-Zeit

Kartoffelsalat ist heute ein fester Bestandteil der japanischen Küche und eine beliebte Beilage. Wie genau der Kartoffelsalat nach Japan kam, ist nicht klar. Vermutlich wurde das, was heute als Kartoffelsalat in Japan bekannt ist, um das Jahr 1896 von einem japanischen Koch entwickelt. Der Legende nach wollte dieser Koch den russischen Olivier-Salat nachkochen. Ein Rezept gab es zu diesem Zeitpunkt nicht. Später allerdings wurde das Rezept des japanischen Kochs in Japan veröffentlicht, und in den 1950er-Jahren hatte es der Kartoffelsalat in die japanischen Haushalte geschafft.

Der Kartoffelsalat ist nicht das einzige Gericht, das in Japan in der Meiji-Zeit (1868-1912) aus westlichen Adaptionen entstand. Während der Meiji-Zeit öffnete sich Japan langsam nach Jahrhunderten der Abschottung, und zahlreiche Einflüsse aus dem Westen kamen ins Land. Tonkatsu (トンカツ, das „Schnitzel“ im Katsudon und Katsu-Sando) wurde in der Meiji-Zeit geboren, ebenso Korroke (コロッケ, im Westen als Croquette oder Krokette bekannt) und Kare-Raisu (カレーライス, Curry Rice nach britischem Vorbild).

Das Besondere am japanischen Kartoffelsalat

Japanischer Kartoffelsalat wird aus gekochten, grob gestampften Kartoffeln hergestellt, die mit Mayonnaise, gekochtem Ei, Reisessig und Senf gemischt werden. Salzig eingelegte Gurke und Möhren, vielleicht auch etwas Schinken, können den Kartoffelsalat abrunden.
Man serviert zwar in Japan häufig zu Tonkatsu Kartoffelsalat, findet die Beilage in Bentos und bekommt sie im Izakaya. Aber eigentlich gehört er zu häuslichen Küche. Und da ist es in Japan ein bisschen wie in Schwaben: Jede Hausfrau hat ihr eigenes, streng geheimes Rezept!

Aktuell gibt es übrigens einen feinen japanischen Kartoffelsalat bei uns im Restaurant sansaro, beispielsweise zu unserem feinen Tonteki. Wir sind gespannt: schmecken Sie den Unterschied?

Appendix & Quellen:

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